Ausführliche Zusammenfassung zur Informations- und Diskussionsveranstaltung am 11. Juli 2024 im Centre Bagatelle, Stand 14. Juli 2024
Am 11. Juli 2024 fand im Centre Bagatelle auf Einladung des Bürgervereins eine Informations- und Diskussionsveranstaltung zur Planung der Sanierung der Senheimer Straße und zur Diskussion von Alternativen zur Abwendung der drohenden Fällung eines Großteils der Bäume statt.
An der Veranstaltung nahmen fast 80 Personen teil. Wir danken der Bezirksstadträtin Julia Schrod-Thiel und dem Leiter des Straßen- und Grünflächenamtes Sascha Braun sowie den Vertretern der Bürgerinitiative Senheimer Straße für ihre konstruktiven Beiträge.
Der Bürgerverein in der Gartenstadt Frohnau setzt sich nachdrücklich für Lösungen ein, die den Erhalt der historischen Alleebäume mit den Zielen der Straßensanierung, der Optimierung der Entwässerung, der Sicherung denkmalpflegerischer Belange und der wichtigen Anbindung der neuen Feuerwache vereinbaren lassen. Dazu sollte die Veranstaltung Transparenz herstellen und alle Seiten zu Wort kommen lassen.
Der Vorsitzende des Bürgervereins Carsten Benke betonte im Eingangsimpuls, dass der Erhalt einer Frohnauer Allee ein sehr hochrangiges Schutzgut von überörtlicher Bedeutung darstellt. Einmalig für Berlin ist das gesamte Straßen- und Grünflächensystems der Gartenstadt als Gartendenkmal geschützt. Jeder Eingriff müsste sehr sorgfältig zusammen mit anderen Schutzgütern wie der Anbindung der Feuerwehr und Verkehrssicherheit und weiteren Planungszielen abgewogen werden muss. Es sei nicht das erste Mal, dass in Frohnau eine schon gefestigte Planung unter dem Eindruck neuer Entwicklung erfolgreich angepasst würde. Die Alternativen zur geplanten Baumfällung, die auch der Bürgerverein seit April 2024 zur Diskussion stellt, sollten deshalb ernsthaft geprüft werden.
Das Bezirksamt stellte in seinem Impuls die Hintergründe der 2017 entstandenen Planung dar. Eine Straßensanierung sei dringend notwendig. Das Bezirksamt ging von einer weitgehenden Sicherung der westlichen Baumreihe aus, der mehr Raum gegeben werden sollte. Das Konzept sah eine Verschiebung des Straßenquerschnitts um 50 cm nach Osten vor. Diese neue Querschnitt würde weiterhin 7,5 m betragen und beidseitige 2 m breite Versickerungsstreifen mit Parkmöglichkeit und eine Fahrgasse von 3,5 m ermöglichen. Konsequenz wäre die Abholzung der kompletten östlichen Baumreihe und die nach Osten versetzte Neupflanzung von Bäumen. Diese hätten dort nach Ansicht des Bezirksamtes für viele Jahrzehnte gute Entwicklungsmöglichkeiten.
Allerdings wurde durch das Bezirksamt im Impuls ausdrücklich betont, dass es zur ernsthaften Prüfung von Alternativen bereit sei und deshalb auch ein neues Baumgutachten beauftragt hätte. Auch für das Bezirksamt sei der Erhalt einer Allee ein hohes Gut. Nur dürfe es nicht zu massiven Verzögerungen oder zu einem Verlust von zugesagten Mitteln des Senats kommen.
Die Bürgerinitiative unterstrich, dass ihr Ziel der Erhalt aller vitalen Bäume in der Senheimer Straße auf Ost wie Westseite sei, das von den Anwohnenden und mittlerweile mehr als 1000 Frohnauerinnen und Frohnauern per Unterschrift unterstützt wird. Der Fällung von kranken Bäumen, die Menschen gefährden stelle man sich nicht entgegen, dies beträfe aber nur eine sehr kleine Anzahl. Der ökologische und gestalterische Wert der Alle wird von den Anwohnenden als sehr hoch eingeschätzt. Ein sachlicher Grund für massive Fällungen wird nicht gesehen.
Mit der Alternative des Verzichts auf die östliche Parkplatzreihe, sei weiterhin eine 3,5 m breite Asphaltgasse mit 2 m westlichem Parkstreifen sowie ein 1 m breiter östlicher Seitenstreifen (ohne Parken) möglich. Auf beiden Seiten könnten die Bäume stehen bleiben und mehr Raum erhalten. Diese Argumentation wurde durch eine ausführliche Zählung von zu unterschiedlichen Zeiten belegten Parkflächen in der Senheimer Straße unterstrichen: Weit weniger als die Hälfte der Parkflächen wird im Schnitt täglich gebraucht. Die Bürgerinitiative will weiter mit Aktivitäten in der Öffentlichkeit für den Baumerhalt werben.
Nach diesen Impulsen wurde unter der Moderation von Joachim Deutschmann (Bürgerverein) ein strukturiertes Gespräch über Einzelfragen der Planung von 2017 und möglicher Alternativen mit dem Erhalt der Bäume mit Bezirksamt, Bürgerinitiative, Experten und dem Publikum durchgeführt.
Ziel war es herauszuarbeiten, unter welchen Voraussetzungen bei der Sanierung der Senheimer Straße die Bäume auf der Ostseite erhalten werden können. Es war zu prüfen, ob bei Umplanung auf die „Alternative A“, d.h. Verzicht auf die Parkplätze auf der Ostseite und Verringerung des östlichen Pflasterstreifens auf 1 m, alle Planungsziele und Zwangspunkte eingehalten werden können.
Konsens wurde bei den folgenden Themen erzielt bzw. es gab eindeutige Stellungnahmen der geladenen Expertinnen und Experten, denen aus dem Publikum, von Ämtern und Bürgerinitiative nicht widersprochen wurde:
· Parkdruck/Stellplatzfrage: Nach der Darlegung der Bürgerinitiative zur relativ geringen Parkplatznachfrage stellte auch das Bezirksamt ausdrücklich klar, dass „Parkdruck“ kein zwingender Grund für eine Umsetzung der 2017er Planung mit zwei Parkplatzreihen sei.
· Baumart: Es wurde durch Verena von Löbbecke (Bürgerverein) aufgezeigt, dass Ahorn – ob im Bestand oder bei Neupflanzung – auch zukünftig in der Senheimer Straße als Straßenbaum geeignet ist. Es gäbe keinerlei Anlass von Ahorn auf Linde zu wechseln, weder aufgrund der Klimaresilienz noch wegen angeblicher Tendenz zur Flachwurzelung, die Bürgersteige oder Straßenoberflächen beeinträchtigen würde. Die jeweilige Wurzelentwicklung hängt entscheidend von der Pflanzsituation und der Beschaffenheit der Umgebung ab. Das Bezirksamt stellte klar, dass keine Vorfestlegung auf die Linde bestünde. Die bisherigen Pflanzungen im Nordteil seien lediglich der alten Planung im Bauvorhaben Schönfließer Straße geschuldet.
· Denkmalschutz und Bebauungsplan: Die Bindungen durch die Festsetzungen des Bebauungsplans XX-25f von 2005/6 zur expliziten Sicherung von historischer Baumart und bestehender Reihung sowie durch die Unterschutzstellung des gesamten Straßen- und Grünflächensystems als Gartendenkmal (Nr. 09046253) von 1995 wurde nochmals hervorgehoben. Das Bezirksamt stellte klar, dass vor diesem Hintergrund alle Maßnahmen des Straßenbaus mit den Fachbereichen Stadtplanung und Denkmalpflege abgestimmt werden.
· Versickerung: Durch Prof. Lühr (Bürgerverein) konnte ausführlich dargelegt werden, dass die ordnungsgemäße Versickerung auch bei einem schmaleren gepflasterten Randstreifen auf der Ostseite (1 m statt 2 m) mit geringfügigen Anpassungen mittels Wasserüberläufe in die Oberstreifen und Baumscheiben gesichert werden kann und die Bewässerung der Bäume sogar noch verbessert würde. Kritisiert wurde von Anwesenden auch, dass in den Planungen ein Mosaikpflasterstreifen bis an die Grundstückgrenzen vorgesehen sei. Auch wenn das in Straßenbaunormen vorgeschlagen würde, sollte in Frohnau aus Gründen des Artenschutzes wie der Versickerung darauf verzichtet werden.
· Baumgutachten: Aus dem alten internen Baumgutachten ist aufgrund mangelnder Vitalität keine Fällung von 70 Bäumen herleitbar. Das Bezirksamt betont, dass es sich auf das Ende Juli erwartete neue Baumgutachten beziehen möchte. Es sollte aber berücksichtigt werden, dass durch die Bauarbeiten weitere Schädigungen entstehen können.
· Feuerwehr: Durch Vertreter der Feuerwehr (Stephan Boy) wurde unterstrichen, dass eine baldige Realisierung und die Sicherung eines 3,5 m breiten Asphaltstreifens zentral seien. Gegen die Alternativplanung (nur 1 Parkstreifen) bestünden keine Bedenken, wenn die Passierbarkeit für Lösch- und Hilfsfahrzeuge gesichert ist.
· Leitungen: Das Thema konnte aus Zeitgründen nicht mehr besprochen werden. Dem Bürgerverein liegen die aktuellen Leitungspläne vor, aus denen hervorgeht, dass die Leitungen hauptsächlich auf der Westseite und nur in einem kurzen Teilabschnitt auf der Ostseite im Bestand liegen bzw. dort erneuert werden. In Einzelfällen kann es zu Beeinträchtigungen kommen. Eine grundsätzliche Notwendigkeit zu generellen Baumfällungen lässt sich hieraus nicht ableiten.
Unterschiedliche Bewertungen gab es bei den folgenden Themen
· Geschwindigkeitsthema: Laut Bezirksamt besteht bei nur einseitiger Parkreihe die Gefahr, dass sich die Geschwindigkeit der passierenden Fahrzeuge erhöht und der kreuzende Schulweg (Markgrafenstraße) gefährdet würde. Als Beispiel wurde die Glienicker Straße in Hermsdorf genannt, die nur mit aufwändigen baulichen Verschmälerungen beruhigt werden konnte, was in der Senheimer aber wegen der Feuerwehr nicht denkbar wäre. Aus dem Publikum und seitens des Bürgervereins wurde betont, dass sich diese Gefahr deutlich reduzieren ließe, wenn schwerpunktmäßig die Kreuzung Markgrafenstraße entschärft würde (z.B. durch Zebrastreifen und Geschwindigkeitshinweise) und in der sonstigen Straße optische Fahrbahneinengungen vorgenommen würden, für die es in der Planungspraxis erfolgreiche Beispiele gäbe. Im Übrigen sei die Senheimer Straße nicht mit der Glienicker Straße in Hermsdorf vergleichbar, da sie letztlich eine Sackgasse in den Wald darstellt und der „Schleichwegeffekt“ anders als in Hermsdorf sehr begrenzt ist.
· Haushaltsmittel: Laut Bezirksamt müssen die Mehrkosten durch die Umplanung unter 10-12 % bleiben, um ein aufwändiges Änderungsverfahren vor dem Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses zu vermeiden, das mit massiven Verzögerungen oder gar Mittelverlust einhergehen könnte. Amtsleiter Braun sagte aber zu, alternative Wege zu prüfen. Aus dem Publikum wurde darauf hingewiesen, dass die Einsparungen durch entfallende Baumfällungen/Neupflanzungen und die geringere Breite der relativ teuren Pflasterung ggf. die Umplanungskosten aufwiegen. Der eigentliche Umplanungsbereich würde im gesamten Straßenraum von 15 m nur etwa 1-2 m ausmachen.
· Zeitverzug. Das BA befürchtet zudem erheblichen Zeitverzug durch eine Umplanung, da eine Vielzahl von Ämtern erneut zustimmen müssten. Hier wird angeregt, möglichst frühzeitig mit informellen Vorabstimmungen zu beginnen.
FAZIT
Nach Einschätzung des Bürgervereins konnten die meisten fachlichen Bedenken gegen die Alternativplanung überzeugend ausgeräumt bzw. Lösungswege aufgezeigt werden. Die vom Bezirksamt weiterhin vorgebrachten Argumente der Beschleunigungswirkung von nur einseitigem Parken und der Gefahr des Mittelverlustes bzw. der langen Verzögerung werden anerkannt. Sie sollten aber gerade in Hinblick auf den drohenden massiven Eingriff in den Charakter der Gartenstadt bewältigbar sein.
Der Bürgerverein unterstützt deshalb nach ausführlicher Prüfung eine Umplanung des Konzepts von 2017 gemäß der von uns seit April verfolgten Alternative A. Hiermit ließen sich bei Erhalt der Baumreihe alle Schutzgüter sichern und bei entsprechender Ausgestaltung die ökologischen, gestalterischen und verkehrlichen Zielsetzungen erreichen. Damit für die Gartenstadt gute Konzepte und Ideen nicht zuletzt an mangelnder Zeit und internen Zwängen scheitern, muss nun schnell gehandelt werden. Der Bürgerverein wird diesen Prozess weiter unterstützen.
Die nun bekundete Offenheit des Bezirksamts zur Prüfung von Varianten wird begrüßt. Das Bezirksamt sollte eine zügige erste Abschätzung der Auswirkungen einer Umplanung bzgl. Zeitverzug und Mehr/Minderkosten vornehmen und planerische Detailfragen zu Versickerung, Geschwindigkeitsreduzierung etc. klären.
Von den Bezirksverordneten und den Reinickendorfer Vertretern im Abgeordnetenhaus erwartet der Bürgerverein parteiübergreifend eine Unterstützung der zügigen Umplanung und Sicherstellung der Zustimmung im Hauptausschuss durch entsprechende Kommunikation mit den zuständigen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss bzw. in der Senatsverwaltung!
Für den Herbst hat das Bezirksamt eine eigene Veranstaltung zur Planung der Senheimer Straße angekündigt und lädt alle Interessierten dazu ein.
Ausdrücklich begrüßt wurde die Aussage des Bezirksamtes, dass zukünftig bei Straßenplanungen – obwohl nicht rechtlich vorgeschrieben – regelmäßig eine Bürgerbeteiligung stattfinden soll.